Nach einem langen Versinken

in myasmischen Nebeln und Zirkelroutinen grippaler Effekte ein langes Auftauchen linker Hand die Schneuztücher griffbereit, rechter Hand die nur im Notprogramm versorgten Post- und Aktenstapel, vorderhand die Telefonnotizen und konfuse Terminänderungen im Kalender und im Rücken, na lassen wir das.

Nicht alles war versunken, einige standhafte Männer der Tat und Gegenwart stehen natürlich immer ihren Mann, mir ist da ein weiterer unsäglicher Kommentar von Altenbockum, JvA, was unsereins ja gerne mit einer Justizvollzugsanstalt assoziiert, in Erinnerung. Jasper von A, der auch gerne als Kasper von etc. beschrieben werden will, sich nämlich in der Vermittlung einer kasperähnlichen handgreiflichen Schläue gefallen will, belehrt uns, die Bemühungen um ausgewogenes Schulessen kommentierend jedenfalls mit seiner Beobachtung, dass Kinder dieses gesunde (ha!) Essen nun einmal nicht wollten, nein, und flicht in dieses „gesunde Essen“ gleich seine ganze Ablehnung der gutmenschlichen Bemühungen um ein Voranbringen unserer Zivilisation mit ein. Seine eigenen empirischen Beobachtungen offenbarten JVA also, dass Kinder Pommes wollen, oder Pizza und Cola und Hamburger. Diese Beobachtungen wiederum zusammen mit dem Namenskürzel lassen meine Gedanken noch fiebergeträkt zu Chuck Norris mäandern, den Einfältigen unter den Blinden, der sich auch gut denken läßt im nächsten MacDonalds, wenn er am Wochenende mal die Kinder der Verwandtschaft aufgehalst bekommt und daraus seine Erkenntnis über die Erziehung der Blagen quält. Ach Du lieber Herr Gesangsverein, man bringe mir ein Gläschen Gänsewein. Es sollte doch in der FAZ sich jemand finden, der solche Peinlichkeiten anzeigt? Und Striche macht am Kühlschrank der Teeküche wie für kleine Kinder?Vorbesagter JVA soll dann auch noch im Feuilleton der FAZ haben schreiben dürfen, was ich nicht glauben mag, andernfalls das Abo stark gefährdet wäre. Die Grippewwelle, so beschwöre ich mich, habe auch Frankfurt erfasst und einen Personalnotstand in den Redaktionen verursacht. Nur JvA, von Kindern verschont oder seine eigenen Kinder mit seiner Anwesenheit verschonend, ausgeschlossen in öffentlichen Verkehrsmitteln zu denken und also von Kontakten mit Grippe befreit, sitzt ganz alleine im FAZ-Haus und haut einen Text nach dem anderen in alle Ressorts, beschwipst von der Erfüllung seines Traums: nur Ich!

Frankfurt spielt auch heute eine Rolle in meinen medialen Streifzügen und in der Redaktion der Rundschau muss ebenfalls die blanke Entsetzung herrschen. Ein Ulrich Grillo, Präs. des Bundesverbands der Industrie, erklärt uns die Welt und wie wichtig die Demokratie ist und vor allem aber TTIP. Dass er da einiges durcheinander bringt, in der Theorie nennte man es Kategorienfehler, macht nichts, denn wichtig ist: das Narrativ. Ja das Narrativ hat eine eigentümliche Karriere gemacht, ständig wird es bemüht, bei Fefe dauernd herangekarrt und da, also in dem Gastbeitrag, hat es auch wieder eine Rolle übernommen. Das Narrativ ist ja die „große Erzählung“ und wer wüsste nicht seit der Postmoderne oder den postmodernen Denkern vielmehr, dass das ja immer eine Verkürzung ist und, ´tschuldigung jetzt, halt immer ein wenig mehr gedacht werden muss und weil das so schwierig ist, erklärt uns Grillo die Welt.
Mir gehen die Heizstäbe im Oberstübchen an bei soviel Weltweisheit und Theoriefestigkeit des Präsidenten und lausche gebannt. Ja, er wüsste jetzt auch nicht wo er anfangen soll bei soviel Mythen und Märchen, in die das Narrativ das TTIP also jetzt quasi einzwängt. Und weil das Bild mit den vielen Mythen und Märchen mit der Einfachheit des Narrativs also nicht so ganz passen will, also so theorie- und mengenmäßig, läßt er das mit dem Anfang bleiben und kommt einfach gleich zum Ende: Er erspart uns die nächste Floskel: das wurde also jetzt echt schlecht komuniziert, meint es aber so, Geheimverhandlungen sind notwendig, aber jetzt so wegen der Verhandlungsposition, und die Demokratisierung komme dann wohl mit dem Absegnen von dem Ergebnis und die „Geheimgerichte“ wären doch so notwendig: „Kapital gilt als scheues Reh. Es braucht stabile und verlässliche Rahmenbedingungen, um seine nachweislich positive Wirkung entfalten zu können“. Die Simplifizierung der Argumentation durch JVA schwemmt über das Land und scheint Alle mitzureisen. So einfach ist das also, na wer sich da noch Sorgen macht, der ist doch, tja, wie hieß der noch gleich, ein Miesepeter, ein Verhinderer. Ja Mensch, der sollte sich doch mal locker machen.

[Hier würde, wenn ich fitter wäre, ein Bild eines kürzlich untergegangenen Baumarktschildes samt Leuchten und Gestell stehen, das jämmerlich, rostig und schief im Dreck lag]

Also, auch wenn das jetzt weh tut, also mir persönlich, da das Erklären nicht gewollt ist. Es setzt mich dem falschen Vorwurf aus, den Grillo nicht verstanden zu haben. Freilich will der gar nicht Theorie und Narrativ und das ganze andere. Was er will ist klar, das TTIP. It´s about the Economy, Stupid. Die Reduktion der Argumente auf den notwendigen Fluß der Dinge, auf die subtile Denunziation der Kritiker als Störer des Wohlstands, der „nachweislich positiven Wirkung“ des Kapitals hat den Zweck, die Parteien zu scheiden, Stellung zu beziehen und den Anderen zu zwingen, Blank zu ziehen. Also mach ich das Spiel mit, ein wenig.

Nur das mit dem Narrativ, das ist jetzt also so eine Sache. Für den Einen, den Grillo z.B. ist das eine Strategie, seine Interessen durchzusetzen. Der funktioniert dann gut oder weniger gut. Es spielt keine Rolle, es ist eine Waffe, wie die Werbung oder die Geheimhaltung usf. Aber es gibt da ja noch die Anderen, die können unterscheiden, dass die Interessen der Wirtschaft nicht zwingend die der Bevölkerung eines demokratischen Landes sind. Im Gegenteil. Es gibt da so einen anderen Narrativ, der sich wieder seinen Weg bahnt, dass es nicht reicht, einfach herablassend etwas zu behaupten und einen weiteren, der besagt, dass die Interessen der Wirtschaft sich recht eigentlich auf dem Rücken der Konsumenten austoben. Und die Konsumenten, das ist die Bevölkerung eines Staates, also sind wir in dem Spiel zu dritt, der Staat, die Wirtschaft und die Bürger, alle mit mehreren Funktionen. Nicht so einfach also. Der Bürger als Staatsbürger will natürlich (oder sollte es idealtypisch wollen), dass er vor der Entwicklung von Verträgen in die Verhandlungen mit einbezogen wird. Nur das ist demokratische Partizipation, wenn es um Fragen dieser Reichweite geht. Das Absegnen durch die Institutionen der EU, denen ein massives Demokratiedefizit nachgesagt wird oder das Parlament reicht dafür nach Meinung der Kritiker zu Recht nicht hin. Solche Verträge müssen nicht transparenter verhandelt werden, sondern schlicht transparent sein. Keiner dieser angeblich so wichtigen Verhandlungspunkte hat auch in der Vergangenheit die Geheimhaltung gerechtfertigt. Man erinnere sich an die Verträge des Senats von Berlin, der das Wasser seiner Bürger verkauft hat. Weshalb also geheim? Weil es die Verhandlungsposition stärkt? Da fragt sich doch, wer ist Verhandlungspartner? Die deutsche Wirtschaft? Nein, der Vertrag wird zwischen den staatlichen Institutionen geschlossen, also zwischen den Bürgern der Länder. Wie rechtfertigt sich dann einen Geheimhaltung vor den Bürgern und eine Verhandlungsbeteiligung des Bundesverbands der deutschen Wirtschaft, der meines Wissens keine demokratische, verfassungsmäßige Institution ist? Die Geheimhaltung schützt die Verhandlungsposition, genaugenommen die Verhandlungsführer vor dem entgegenstehenden Beteiligungswillen und Interessen der eigentlichen Vertragspartner, den Staatsbürgern.

Nun schnell noch die Geheimgerichte. Das ist nun mal ein schöner Narrativ, wenn er denn funktionierte. Die Dinger heißen Schiedsgerichte, Herr Grillo, und ja, es wird unter Ausschluß der Öffentlichkeit getagt.
Rechtssicherheit ist ein Traum, weshalb wir in den zivilisierten Staaten allerlei Anstrengungen unternommen haben in der Vergangenheit um Berechnbarkeit und Rechtssicherheit in das demokratische System zu bekommen. Dazu wurden Fachgerichte unter demokratischer Kontrolle eingerichtet mit Prozeßordnungen und Rechtsmittel und den Rahmenbedingungen Öffentlichkeit und Mündlichkeit, und noch ein wenig mehr. Das und nicht Schiedsgerichte führten zu Rechtssicherheit. Schiedsgerichte wurden unter anderem von Deutschland eingerichtet im internationalen Handel der Nachkriegszeit, weil in vielen Staaten Rechtsstaatlichekti fehlte. Wenn diese Gerichte im Handel zwischen den USA und Deutschland weiter die staatlichen Institutionen ersetzen sollen, dann möchte ich die Öffentlichkeit gerne aufgeklärt wissen, welchen der beiden Staaten nach Meinung des Verbands der deutschen Wirtschaft, von Hr. Gabriel und den weiteren Beteiligten Unterhändlern die Qualität der Rechtsstaatlichkeit abgeht.

Wie so oft: was so leicht anfing, entpuppt sich doch als traurig. Altenbockum wirbt mit Macht für eine Desensibilisierung des deutschen Bürgers, er soll sich nicht so anstellen und gibt ihm dafür mehr Planstellen. Das einfache Weltbild, das schnelle Wort, das Primat der Wirtschaft. Herr Grillo stimmt da mit ein, befremdlich mit einem paternalistischen, großväterlichen Ton, der selbstkritisch daherkommt, aber doch nur ein Werbemaßnahme ist. Den Erwägungen von beiden, dem Grillo und dem Altenbockum ist das Ziel offenbar genug, beiden liegt keine Ethik mehr zu Grunde.

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