Capri hatte einen Einsiedler

Letztens hatten wir es wieder von Capri – das macht der überlange Berliner Winter und der trübe Übergang in den Sommer hinein aus uns. Man deliriert.  Lange war meine nächste Verbindung dazu die Malaparte-Villa in Godards Verachtung: Ein ungeahnter Brennspiegel der Geschichte des 20. Jahrhunderts, dazu ein andermal mehr.

Als der Umblaetterer dann an die schöne Ausgabe der Novellen von Paul Heyse erinnerte, entdeckte ich die intensiven und reichen Eindrücke und die darin enthaltene dennoch karge und bescheidene Stimmung zwischen Capri und Sorrent wieder in der Erzählung L´Arrabbiata:

„Warum muß er denn nach Capri, Großmutter? fragte das Kind. Haben die Leute dort keinen Pfarrer, daß sie unsern borgen müssen?“

„Sei nicht so einfältig,“ sagte die Alte. „Genug haben sie da und die schönsten Kirchen und sogar einen Einsiedler, wie wir ihn nicht haben.“

(Paul Heyse, L´Arrabbiata, z.B. hier)

Zur Figur des titelgebenden Mädchens vermerkt Heyse in seiner Autobiographie:

„Es war ein kaum siebzehnjähriges, blutarmes Ding, das mir dazu – saß, kann ich nicht sagen, da der Wildfang in beständiger, heftiger Bewegung war und daher von den Geschwistern in der Rosa magra jenen Spitznamen erhalten hatte; von Schönheit war in ihrem leidenschaftlichen, jungen Gesicht nichts anderes zu entdecken, als die feurigen Augen, die wundersam blitzten, wenn die Kleine mittags bei mir eintrat, mir ein paar irgendwo gestohlene Blumen auf den Tisch warf und dann im Zimmer herumsauste, daß ich sie endlich auf den Balkon hinausschaffen und die Glastür hinter ihr zuschließen mußte, durch die sie dann wie eine wilde Katze zu uns hereinfeixte. Sie hatte aber auch ihre stillen, melancholischen Tage, und beim Abschied brach sie in Tränen aus. Nach fünfzehn Jahren, als ich sie wieder sah, war sie eine gesetzte, gleichmütige, etwas korpulente Frau geworden und entsann sich nicht des Unfugs, den sie damals getrieben, während Luisa und ihre Schwester alles in gutem Gedächtnis behalten hatten.“ (auch z.B. bei Zeno)