I put my blue jeans on, i put my old blue jeans on.

Eine Freundin sagte mir vor Jahren schon anschaulich, daß ihr Standortnachteil auf dem Land durch das Internet in einem wichtigen Teil aufgehoben ist. Der Zugang zu den Dingen, die es in Miesbach oder Falling-Borstell nicht gibt. Internet, bestellt.

Unsere Kultur vollzieht sich in einem immer schnelleren Wandel, nach der Industriearchäologie, kommt bald die Archäologie der elektronischen Infrastruktur und des Wissens.

Hier sehen Sie eine Reisegruppe aus Panamerika, die den kulturellen Nachlaß der Berliner Mittekultur um 2010 am Objekt studiert.

Etwas später fand der Übergang zum public-privacy-sharing statt. Durch Übernahme von Elementen des Sponsoring vermittelten untergegangene Werbeimperien in einem noch über Jahre hinaus legendären viertelstündlichen Happening in den BMW-Guggenheim-Labs die Finazierungsmodelle der out-of-anywhere-opposition.

Der Zugang zu den angemeldeten Demonstrationen wurde durch in die Kleidung eingenähte RFID-Chips gesichert.

Das Modell wurde nach einem Umsturz in den Google-Chefetagen vom Protokoll der Server genommen. Seitdem die Verbindungsstrukturen nicht mehr zugänglich sind, irren die Teilnehmer hoffnungslos durch die Gegend.
Die Hintergründe bleiben unklar. Es wird aber vermutet, daß die Eingangsscanner in chinesischen Kaufhäusern die große Masse der Opposition aufzeichneten und daher der Informationsfluß gestoppt werden sollte.

Lala-Berlin und cybex sponsorn auch ihre revolutionären Ideen! Get it on!

Wer will da nicht weg, aus Berlin? I put ma blue jeans on, i put ma ole blue jeans on.

Was ich vielleicht vermissen werde.

Die Frauen, Kinder und Familien des Viertels, auch die, die man nicht wirklich kennt, aber immer wieder sieht über die Jahre, älter und groß werden, geschäftiger und gelassener, die man auch mal grüßt.

Den Obstmann in der Markthalle, der sich Kirschen an die Ohren hängt, die Waren preist und den Kindern (und Eltern) mit kleinen süßen Geschenken schmeichelt. Ein Original, der nicht die Art der Altberliner Verkäuferinnen, stark, geschminkt und geschwätzig, weiterführt, aber im Stil des eigensinnigen Marktkaufmanns bleibt. Die Cafébar, Leisten-Schlumm, die Eisdielen (die sich in den letzten Jahren ein ehrgeiziges Rennen in Qualität liefern). Die Kinderspielplätze, die bei uns zu einem Babel werden und zeigen, daß es funktioniert ( jedenfalls bis die Kinder eingeschult werden sollen).

Die anregende Präsenz eines aufgeklärten Absolutismus.

Die Staatskapelle und die Staatsoper.

Ein Spaziergang über das Tempelhofer Feld an lauen Sommerabenden.

Hier ist immer irgendwo ein Saxophon oder eine Gitarre, einmal sogar ein Klavier auf Rollen, zu hören, entfernt und unaufdringlich genug, um den Vögeln, darunter sogar Lerchen ihren Platz nicht zu nehmen.

Die Stimmung in Brandenburg, an den Seen

in den Schlössern

und Schloßparkanlagen kann herrlich sein.

 

Aber man kann es so nicht angehen.

Ein Abschied ist immer bitter und eine Herausforderung,  ein neuer Anfang blanker Streß, gleich wie man es aufnimmt. Die Erinnerung macht es sich dann auch bequem und nistet sich ein. Wenn ich beginne, zu kramen, finde ich für jedes Beispiel ein anderes anderswo. Bayreuth, Nürnberg, Innsbruck, Sterzing, Trient…

Abzählreim 25 minus

25 Bilder von Berlin soll es also geben. 25 Tage jeweils ein Bild, an deren Ende der Abschied gekommen sein wird und vermutlich noch keine Ankunft.

Den Anfang machte gestern das Alte Museum, das häufiger Thema sein wird. Ich sehe das Alte Museum als Flagschiff als Symbol für eine äußerst erfolgreiche Entwicklung innerhalb des Preußischen Staates, mittels Bildung die Fundamente des Staates zu stärken und den Prozeß der Entfeudalisierung abzuschließen. Mit der Humboldt-Universität und dem Neuen Museum ging dieser Prozeß weiter. Diese Großprojekte waren zwar nicht zuletzt auch Wirtschaftsförderung nach den napoleonischen Kriegen, dienten aber vor allem der Durchsetzung des Bürgertums und dem Ideal der Bildung vor Herkunft, Leistungswille vor Geburtstand, Möglichkeit vor Statik, Teilhabe vor Zuweisung, Partizipation vor Gehorsam. Die Pläne sollen auf Entwürfe zurückgehen, die Friedrich Wilhelm III. Schinkel übergeben hat. Ob das nun tatsächlich Eingang in die Gestaltung gefunden hat ist nachrangig.

Der Rückgriff auf die Antike ist dabei mehr als nur der ästhetischen Antikenbegeisterung geschuldet, die auch schon politisch inspriert war. Vor allem galt es den Ballast der Mitspracherechte des Adels und damit die Willkürherrschaft und territoriale Zersplitterung aufzubrechen. Der preußische Absolutismus, der schon recht früh begann, die Rechte der Untertanen zu stärken und im Sinne des Kameralismus den Untertan als Produktivkraft ernst zu nehmen und wenigstens als solche zu schützen (Befreiung der Domänenbauern), ist nicht zu verstehen, wenn man seine allmähliche Allianz mit dem Bürgertum gegen die Sonderrechte des Adels negiert.

Als dieser historische Ort war für mich das Alte Museum zunehmend der Mittelpunkt Berlins. Es kommt aber noch eine Dimension dazu, die sich bis in die Gegenwart mehr als das damalige Bildungsideal verlängert, wenn jetzt das Stadtschloß renaisiert wird.

Heine hatte für den Baustil Schinkels und diesen Geschmack der preußischen Herrscher nichts übrig. Mit dem ihm eigenen Spott, sah er den Rückgriff Schinkels auf die Gotik in der Friedrich-Werdersche-Kirche als Mutlosigkeit gegenüber der Moderne:

„Ich will nicht mißverstanden sein und bemerke ausdrücklich, ich stichle hier keinesweges auf die neue Werdersche Kirche, jenen gotischen Dom in verjüngtem Maßstabe, der nur aus Ironie zwischen die modernen Gebäude hingestellt ist, um allegorisch zu zeigen, wie läppisch und albern es erscheinen würde, wenn man alte, längst untergegangene Institutionen des Mittelalters wieder neu aufrichten wollte, unter den neuen Bildungen einer neuen Zeit.“ (Reisebilder, Dritter Teil, Kap. 2)

Diesselbe Situation haben wir mit dem Stadtschloß, das uns droht in Fassadenhängung den Ekklektizismus der Hohenzollern vorzuführen und darinnen die Bildung durch Medienkompetenz zu ersetzen. Die temporäre Humboldtkiste zeigt uns leider, daß uns die moderne Architektur keineswegs Alternativen bildet.

Es bleibt aber neben den beiden Zeitschichten oder Tiefenebenen drittens eine eigene Dynamik dieses Gebäudes, die ich in den drei oder vier Bildern des Alten Museums und des Lustgartens sehe.

Berliner Ästhetik

Die U-Bahn-Wagen in Berlin sind großteils mit einem Sitzbezug versehen, der nicht nur den Schmierern von Schmierereien die Lust nimmt, ihre Tags oder sonstwas dort zu setzen, sondern auch gleich manchen Fahrgast das Setzen überhaupt.

Was dazu geführt hat, daß die Scheiben der Wagons mit geeigneten Mitteln verkratzt wurden. Nachvollziehbar in der Logik, sollte man glauben. Darauf hin haben die Verkehrsbetriebe die Scheiben beklebt mit verdrehten kleinen Brandenburger Törchen.

Eine Eskalation des schlechten Geschmacks, orientiert an der Frage, wie Verwüstung möglichst einzudämmen und Schäden im Rahmen zu halten sind.

Da ist keine Idee von lebenswertem Raum.

Irgendwo hat es eine Ladung giftfroschgrüner Parkbänke gegeben, die vermutlich aus dem U-Bahn-Projekt übrig geblieben sind und nun behutsam in den öffentlichen Raum entlassen werden.

Erst eine über Nacht zum Test.

Dann, nachdem das Überleben ohne Graffiti und Edding festgestellt wurde, eine ganze Horde. Ein Erfolg.

Das ganze färbt ab.

Weltstadt! Modestadt! Geschmack? Modebewußtsein?

Das alles hat Tradition.

Letzthin, in der Pause zu Luisa Miller, in der Deutschen Oper, standen an den reservierten Stehtischen ein Ehepaar älteren Semesters, Zehlendorf, sehr gepflegt, Blond toupierte Haare sie, grauer, leicht glänzender Anzug er und aßen Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat Berliner Art (natürlich Mayonnaise) und kleines Bierchen dazu. Ein hoch sympathisches Bild, das man unwillkürlich ins Herz schließen muß, so artig, zart und genügsam wie beide da standen.

Aber es bleibt doch ein etwas unfröhlicher und bedrückter Nachgeschmack der Bescheidenheit in ästhetischen und kulinarischen Dingen.

Alexanderplatz – Fernsehturm

Alexanderplatz Fernsehturm

Ein Platz ohne Richtung und Ziel. Von der Mitte Berlins auf die Welt hin war dieser Platz einmal gerichtet: 1970, eingerahmt von den Wohnungen des Volkes, die Tribünen gleich den Aufmarschplatz seitlich rahmen. Südwestlich begrenzt von Schloß / Palast der Republik  nordöstlich durch die Bahn und die dahinter geschalteten hin

Auf das Zentrum des Platzes hin sind alle Zeitschichten vernichtet. Der Ort zeichnet sich ebenso durch Leerstellen aus, wie durch die einzelnen verbliebenen Landmarken, die jede für sich zu wenig ergeben, um auf Dauer Bestand zu haben und im Ensemble beziehungslos zueinander stehen, wie das Land, dessen Zentrum Berlin sein will, in der Nachkriegsgeschichte Beziehungen und Kontinuitäten vermeidet.

Sinnbildlich liegen die einzigen beiden Gesellschaftsteile, die sich in Tradition deutscher Geschichte identifizieren hier in Staub und Brache oder verbleiben als Relikte, die wegzuräumen mit zu hohen Kosten verbunden ist.

Die Zeit des Nationalsozialismus ist verewigt in diesem Platz durch die letztlich vollkommene Selbstzerstörung.

Aufnahme aus Google Earth

 

Nach 1945 waren von dem vollständig bebauten Areal nur noch einzelne Gebäude erhaltenswert. Was übrig blieb, fiel der Stadtplanung der DDR zum Opfer. Deren Plan, den Alexanderplatz als Propaganda des Fortschritts und des Sozialismus zu verwerten, gibt den Rahmen der heutigen Topographie vor.

In der Vertikalen fehlt Preußen, das Schloß, dahinter die Altstadt Berlins. Die einen gesprengt durch den Nationenbau des Sozialismus, im Versuch den neuen Menschen mit Hammer und Sichel zu schmieden.  Vom Rand weg, von links nach rechts folgen der Funktionsarchitektur eines Bewirtschaftungsgedankens mit dem Hotel (Nachwende), der Rahmen der beiden Wohnriegel, monumental in der Platzgestaltung. Marienkirche (jdfs 1292), Park Inn-Hotel (1970), Fernsehturm (1969), ein zurück gesetzter Funktionsbau der Ostblock-Moderne (das Haus des Reisens ebfs. 1969), der zweite Wohnriegel, das Rote Rathaus von 1861.

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Autonom befreite Zone

Kreuzberg darf kein Guggenheim haben, kein BMW, kein Mäzenatentum, findet die linke Szene.

Was kommt als nächstes? Die Galerien in Kreuzberg? Offenbar hat der linke Aktivist im Soziologieseminar aufgepasst. Zuerst kommen die Studenten, dann die Galeristen und dem folgen Leute, die ein nettes Umfeld schätzen. Weil sowas

will  man nicht sehen, wenn man die Miete selbst zahlt.

In der Alexandrinenstr. hat König eine Kirche gekauft, um dort im Umfeld des jüdischen Museums eine Galerie zu eröffnen.
Sind diese Scheiben auch schon Teil eines Abschreckungsszenarios?

Die Wehrhaftigkeit des Verteidigers rechtschaffener Ideologie und der geknechteten …, ja nun was noch gleich.

Es gibt auch andere Erzählungen. Die Abfolge der Iren, Polen und Italiener in New York, die ankommen und leben und um einen Platz kämpfen bis sie Teil einer Stadt werden. Sie kommen an, weil sie weg müssen aus dem Dreck, dem Hunger, der Krankheit und nicht zuletzt der Engstirnigkeit der ansässigen Hüter der ewigen Moral.

Diese Funktion haben jetzt andere übernommen. Natürlich gibt es einen ungleichen und unschönen Verdrängungswettbewerb. Nur liegt das sicher nicht an BMW. Die Bergmannstr. und der Wrangelkiez werden gerade „zerstört“ von Touristen. Vorher waren es die Migranten, denen es in Neukölln und Moabit zu eng und zu spießig wurde, die hofften, durch bestimmte Schulen ihre Kinder aus dem Kreislauf der Unbildung und dem Einfluß der Sozialhilfedynastien  entziehen zu können. Jetzt ziehen immer mehr Studenten nach, weil es hier so schick ist, die sich aber einen Dreck scheren und vor allem keinen Dreck kehren, weil das bisher immer die Mama gemacht hat.

Vor ein paar Jahren schon mussten wir (soweit ich sehen konnte alles linke und alternative Migranten aus der Türkei, dem Nahen Osten und dem nahen Süden, Hessen und Bayern) uns verteidigen gegen Jugendgangs, die unser Viertel schwer auseinandernahmen, bei den Nachbarn einbrachen und nachts lärmten bis gar nichts mehr ging. Mein Block und Frauen sind Nutten, das Ding halt. Es folgte das ganze Geschäft, vom Sozialarbeiter über Stadtteilversammlungen, Platzverweise bis zur Ausweisung.

Und wir mussten uns den unausgegorenen Schmarrn von linken Aktivisten aus dem dritten Hinterhof anhören, die uns diffarmierten als unausgeglichene Spießer, die von den Belästigungen der Straße nur ihr Selbstgespräch auf dem nach Hause Weg von der Kneipe mitbekamen. Die weder Familie, noch Freundin hatten. Die mit wildem Beißreflex jede Gewalt und Zumutung einer Migrantengang rechtfertigten und damit das langsam gewachsenen Miteinander der hier engagierten Nationen empfindlich störten. Diese Leute waren nicht hier als es anfing und sie waren nicht mehr da, als es aufhörte. Aber sie haben die Diskussion und die Selbstverwaltung des Problems durch die Anwohner zunichte gemacht. Ich glaube ja, daß das nicht nur ein Problem von Urbanität ist, daß sich immer wieder Leute ohne Kenntnis vor Ort über die Anwohner erheben und ihnen erklären wollen, wo der Hase langläuft. Das ist schon sehr Berlin typisch, daß Leute angezogen werden, die mit übersteigerten Selbstbewußtsein die Stadt der Möglichkeiten als new West Frontier betrachten und sich als König.

Mittlerweile ist hier keiner mehr, der es sich leisten kann, wegzugehen. Außer denen, die nicht an der (Straßen-)Front wohnen und es sich in den vielen hübschen und ruhigen Winkeln kommod eingerichtet haben. Zu Recht, denn es gibt so kaum mehr Lebensqualität, wenn man die Natur nicht vermißt. Nur diese Plätze sind rar und vergeben.

So entwickelt sich nichts mehr weiter. Vor allem nicht das Miteinander.

In der autonom befreiten Zone. Verschont uns mit Eurem guten Willen, Sucker.

Gestern

Gestern zogen die Gänse über die Stadt nach Osten. Das lautstarke Rufen der Vögel kündigte ihre Phalanx an. Diese Jahr war leider kaum etwas von den Formationen zu sehen. Nur Dunst und Reflektionen.

Manchmal macht diese Stadt den Eindruck, als wäre Sie ein Stellwerk nur für ein Durchmarschieren in unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Dann gehören die Touristen ebenso fest zum Inventar dazu wie die Seßhaften oder die Saisonarbeiter. Alle in ihrer Zeit.

Alle sind sind sie in ihrer Zeit aber nur vorübergehend Gäste, will mir scheinen.

Besonders im Herbst und Ende des Winters, zu den wetterlastigen Tagen, an denen es gerade warm genug ist, die Fenster wieder zu öffnen, wenn der Mantel zu Hause gelassen wird, spüre ich die Durchlässigkeit dieser Siedlung in der Fläche. Gänse, Winde, Wolken, Regen, Menschen, Kinder, Sorgen, Leben.

An solchen Tagen zieht und reißt es in mir, als wenn es mich mit fortschleifen will und nur ein kleiner Schubs genügt. daß ich aufgenommen werde von einem der anderen Ströme die die Stadt durchziehen seit Jahrhunderten.

-12°, Eiserne Brücke

Es ist kalt. Morgens sitzt ein Schwan auf einer der Eisschollen, die von Osten kommend die Spree herauf Kälte mit sich bringen und wird getrieben bis die Eisdecke erstarrt oder fein zermahlen sich auflöst. Nur in dem Strom der Schollen ist er bewegunsunfähig gefangen.

Abends fliegen die Finger trotz der Kälte über die Tasten des Akkordeons und verleihen dem Raum atmosphärischen Glanz.

Gegenüber wäre der Ort, dazu zu tanzen.

Wohin geht es?

Die Vögel ziehen wieder. Nach den Gänsen, die schon vor Wochen schnatternd über die Hasenheide zogen, finden sich jetzt Krähen in der Innenstadt ein.

In die alte Welt führt kein Weg mehr, auch wenn sich einige dort ausruhen.

In der Provinz schwärmt und kräht es wie üblich – vorübergehend.

Es wird wohl doch eine größere Reise.