Fahrtbericht

Der Fahrtbericht ist ein Monolith, der aus den Fünfzigern in unsere Welt ragt.

Ein Unikum an gestelzter Sprache, eingebildeter und fordernder Geschmacksautorität, unverblümt simpler Urteile, Anbiederung an Geld und Größe und vollkommen frei von Objekitivität, Distanz und Ironie. Allerpeinlichste Groß-, Schnell-, Dick- und Breit- phanstasien.
Da wird im Pluralis Majestatis gesprochen, dem Leser eine heute unerhört unkritische Fortschrittsgläubigkeit aufgetischt und das ästhetische Urteil als vermeintlicher Common Sense. „Uns gefällt ..“ und „gefällig fügen“ sich da Technik und moderne Linien, Kennzeichen der Vorsaison sind „nicht mehr tragbar“. Die Kfz „vermögen“ Emotionen zu erwecken und können  „wohlgeraten sein“.

Das ist für Leute, die sich einordnen in eine Welt, die an Armlehnen am Lehnstuhl (oder nicht) oder Chromstreifen (aus Plastik) am Dienstwagen (oder nicht) ihre Stellung in der Kollegenhierarchie festmacht.

Gemeinschaftsterror mit Geschmackszwang.

Eins steht fest, den Fahrbericht trägt der moderne Mann heute keinesfalls mehr.

Ein italienischer Wagen

Ich habe mir einen italienischen Wagen gekauft.

Die alten Herren stöhnen auf, den im Autogeschäft tätigen Bekannten schüttelt die Heiterkeit, Bekannte lehnen sich von der Bedrohung weiterer Konkurrenz im Wagenstatus befreit zurück, solange die Einstiegskante nicht nur unwesentlich über Straßenniveau liegt.

Ölverlust, beschlagende Scheiben, schlechte Versorgungslage mit Ersatzteilen, all die Urteile gehen auf, nun ja, gewisse Erfahungswerte zurück. Die stammen zwar mehrteils aus den Siebzigern und es wird gerne übersehen, daß der technische Overkill aufwendigere Probleme bereitet als ein einfaches Gelenk im Lancia. Die Spurstangen im Dreier-BMW, der Rost der C-Klasse, kein Mangel hält sich so lange wie die im Märwasser vor Neapel rostenden Bleche der Alfetta.

Mittlerweile ist die Stimmung weitgehend  entkrampft. Was nicht zuletzt daran liegen mag, daß die Gebrauchtwagenpreise von deutschen Wagen in der Regel so außer Relation zum Nutzwert stehen, daß ein Beharren auf alten Vorurteilen noch dem Letzten peinlich werden sollte. Mein Lancia hat damals im direkten Vergleich weniger als die Hälfte eines BMW oder Mercedes gekostet.

Mehr noch wird der Liebhaberwert und die klassische Form anerkannt. Die zehnte elektronische Fahrunterstützung reduziert den Glauben an die Heilserwartung durch Technik  jenseits von Auto-Bild und Adac-Motorwelt dann doch. Die fehlenden Ersatzteile simpelster Art werden also, wenn auch kopfschüttelnd und mit Notlösungen geduldet. So wenn der defekte Fensterheberknopf zum Austausch der gesamten Steuereinheit für rund 250,00 € führen würde – wie bei anderen Nationalgefährten auch.

Aber.

Jetzt im Alter von 12 Jahren fallen zunehmend einfache Funktionen des Radios aus. Aha, die Elektrik und die Italiener. Außen hui, innen pfui. Das Teil (ICS genannt, wofür auch immer das Akronym stehen mag) steuert den CD-Spieler nicht mehr, die Loudness-Funktion geht nicht mehr auszuschalten, die vorderen Lautsprecher werden nicht mehr bedient und so geht es fort. Ein Hardware-Fehler liegt offensichtlich nicht vor.

Das ist ärgerlich. Ein Vorteil des Wagens ist die italienische Noblesse nebst ausgezeichneter audieller Versorgung der Boseboxen, mit der man auch Vergnügen hat an Mozarts Blech und dem Holz von Cimarosa.

Der Austausch der Steuereinheit soll bei knapp 3.000,00 € liegen. Möglichkeiten der Reparatur der Software sind weitgehend unbekannt und beschränken sich auf Gerüchte von Nerds im Internet im Thema Autotuning.

Die Italiener also? Das Gerät stammt von Siemens und war nach Auskunft des Schraubers meines Vertrauens auch von Porsche verbaut, mit den gleichen Ausfällen und Reparaturproblemen.

Fahrrad mit Kraftwerk

Elektrofahrräder sind die Big Blocks der späten Siebziger: Fünf-Liter-Hemi-Achtzylindermotoren mit Lachgaskompressor in einem Starrrahmen mit Blattfedern um die zwei Blocks zum Baseball oder Laguna-Beach zu fahren.

Ein Fahrrad mit Kohle-Atom-kraftwerksanschluß. Wow.
So geht das Aufblasen von Komponenten zu einem Lifestyle-Produkt, das eine Funktion erfüllen will, die bereits wesentlich einfacher, mit weniger Mitteln, umweltfreundlich, weitgehend unabhängig von Geld, Klima und Energie einsetzbar und höchst erfolgreich realisiert wurde.
Das Aufblasen von Komponenten, die jede für sich Sinn machen können, aber in der Gesamtheit einander im Wege stehen und ihr Potential in der Zusammenstellung nicht ausnutzen können.

erad ohne Schutzblech oder Gepäckträger, hey it´s fun!

Aber während die Hemi-powered-Bratwurscht  mit Humor zu nehmen ist, stellt sich bei Elektrorädern die Frage, warum es offenbar niemandem mehr einfällt ein Produkt nach seinem möglichen Nutzen zu bauen, sondern nur noch Abschöpfungsstrategien zu denken. Und da ist die Verortung als Fun´n´Wellness-Gefährt zu sehen. Es kann ja sein, daß sich das Gefährt doch noch auswächst zu einer ernstzunehmenden Alternative, die sich mit den Problemen des Individualverkehrs auseinandersetzt.

Aber nicht, solange man nur Werber und Journalisten in Mitte damit herumstolzieren läßt.