Datenschutz, Privacy

Falsch, weil nicht paranoid genug beurteilt habe ich beispielhaft die AGB von apple 2012, wie weit die Verbindung zwischen den Interessen der Informationsindustrie und der Geheimdienste. Nicht nur von der gemeinsamen Interessenlage, sondern was die faktische Zusammenarbeit damals anging.

Wenn apple jetzt bestreitet Daten an die NSA weiterzugeben, oder Backdoors einzubauen, dann muss man das für geschicktes Marketing nehmen in dem Sinn: Es gab keine Zusammenarbeit bedeutet: Die Daten wurden schlicht zur Verfügung gestellt, niemals haben zwei Mitarbeiter von AppleGoogleMicrosoft und NSA gemeinsam an etwas gearbeitet. Plumb? Ja.

Jugendliche

sind überall. Und überall machen sie alles falsch, die meisten jedenfalls (die die´s nicht tun, machen einem Angst). Hier zum Beispiel. Alles, was geht. Kleidung, Haltung, Getränke, Ort, Stellung, Aufmerksamkeit, Dynamik, Beziehungen. Nichts stimmt da.

Aber wehe, es sagt mir einer was. Weil Teenager sind super.

Herbst, 10/2011

Hinter den vorbeieilenden Büschen und Sträuchern weiden Schafe. Für einen Moment stehen wir still, ich mit den Schafen, die Schafe mit mir. Dazwischen eine rasendes Band von Laub und Holz. Bis sich die Landschaft öffnet und den Klee im Herbst freigibt und Felder nach der Ernte. Zugführer lehnen sich aus dem Zugführerstand und grüßen, bevor es weitergeht.

Dörfchen und Städte liegen in Talsenken. Zwei Kirchen, ein Feldsteinturm, eine Tankstelle und zwei, drei Discounter am Ortsausgang. West-Ostdeutsche Realien.

Gestern

Gestern zogen die Gänse über die Stadt nach Osten. Das lautstarke Rufen der Vögel kündigte ihre Phalanx an. Diese Jahr war leider kaum etwas von den Formationen zu sehen. Nur Dunst und Reflektionen.

Manchmal macht diese Stadt den Eindruck, als wäre Sie ein Stellwerk nur für ein Durchmarschieren in unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Dann gehören die Touristen ebenso fest zum Inventar dazu wie die Seßhaften oder die Saisonarbeiter. Alle in ihrer Zeit.

Alle sind sind sie in ihrer Zeit aber nur vorübergehend Gäste, will mir scheinen.

Besonders im Herbst und Ende des Winters, zu den wetterlastigen Tagen, an denen es gerade warm genug ist, die Fenster wieder zu öffnen, wenn der Mantel zu Hause gelassen wird, spüre ich die Durchlässigkeit dieser Siedlung in der Fläche. Gänse, Winde, Wolken, Regen, Menschen, Kinder, Sorgen, Leben.

An solchen Tagen zieht und reißt es in mir, als wenn es mich mit fortschleifen will und nur ein kleiner Schubs genügt. daß ich aufgenommen werde von einem der anderen Ströme die die Stadt durchziehen seit Jahrhunderten.

Wert:enorm

Der Spiegel macht uns – dankenswert – die Tonaufnahmen von Bismarck und Helmuth von Moltke (dem Urgroßonkel von Helmuth James von Moltke, selig)  zugänglich.

Mit Moltke ist das einzige Tondokument erhalten, das die Stimme eines noch im 18. Jahrhundert geborenen Menschen erkennen läßt. (Moltke war 1800 geboren.)

Man kann zwar nichts verstehen, aber es ist zuverlässig alt:

Ja da ist der Wert enorm
in des Spiegels Wertenorm.

Ich möchte den Wert dieser Dokumente natürlich nicht herunterspielen. Nur was macht den Wert aus? Auch die hohe Stimme Bismarcks halte ich nicht für so spektakulär. Man denke etwa an Honecker, der gestraft war mit seinem Organ.

Hier, in der FAZ, leider mit Werbung, ist das Tondokument mit den Worten unterlegt, was einem die Durchhörbarkeit der Aufnahme wesentlich erleichtert.

Bei allen alten Aufnahme halte ich das eigentlich Bemerkenswerte in der Melodie, den Betonungen, dem Duktus. Das gesprochene Wort wirkt weit über den verlautbarten Inhalt hinaus.

Bemerkenswert an den Aufnahmen, besonders der von Moltke, ist die Verschränkung von  Erfahrung und Erwartungen, die Antizipation der Hülle dieser Botschaften aus der Vergangenheit. Die Stimmen sind eingebettet in einen Tornister aus Schallwellen, eisigen, stahlmahlenden Röhren aus Geräuschen, die an ein kaltes eisernes Zeitalter erinnern, das wie in einer Mühle der Zeit Eisenbahnen samt Kohletender und Schienen, vereiste Schlachtfelder und Stahlfabriken gegeneinander aufreibt. Hierin nehmen sich die Stimmen sanft und vielleicht ein wenig keck aus. „Vor Kühnheit ganz leicht bebend, als traue der Sprecher sich selbst nicht so ganz“ meint Edo Reents in der FAZ. Vielleicht auch das. Die komplexe Geräuschhülle ist jedenfalls sehr genau vorweggenommen in unzähligen Filmen und Büchern, die eine Metapher suchten für die Übertragung Nachricht aus der Vergangenheit und der Zukunft, für die Überbrückung von Zeitaltern und Welten.

S.a. Vergangene Zukunft, Erfahrungsraum und Erwartungshorizont

Von Hütchen und Hebeln

Hebelung der EFSF-Kredite.

Ein alter Herr hat einmal von einem größeren Autohaus in Wiesbaden nach dem Krieg erzählt. Als die Firma neues Kapital brauchte, stellte der Eigentümer sämtliche Motorräder, Kraft- und Lastwagen, die verfügbar waren, gewaschen und poliert vor die Firma. Dort standen dann die Vorkriegsmodelle Mercedes, Maybach und ein großer Teil amerikanische Lastwagen, die Motoren des Wiederaufbaus. Der Bankangestellte, der sich die Lage ansehen kam, zeigte sich beeindruckt von dem Lagerbestand und den ausgestellten Sachwerten. Die Bank war zufrieden und der Kredit wurde bewilligt.

Der Hebel hat funktioniert.

Nur, wie so oft, die Sachwerte waren nicht Eigentum der Firma, sondern der Kunden. Als das Mißverhältnis zwischen besicherten Werten und Kreditrahmen auffiel, war die Firma längst zu groß, um das Kreditgeschäft rückgängig zu machen. Im Wirtschaftswunder wuchs die Werkstatt und der Wohlstand der Landeshauptstadt Wiesbaden. Bis zu den Gewinnmargen von 0,5 bis 1,0 % für einen Neuwagen im Jahr 2000 war es noch ein langer Weg.

Ist das Betrug, oder Einwilligung, betrogen zu werden?

Heutzutage wird nicht mehr mit Arbeit, Infrastruktur, Transport und Produktion Geld verdient, sondern mit Geld. Nach wie vor gilt, viel macht viel her und Geld kommt zu Geld und nur wer groß genug ist, ist wer – too big to fail.

Wenn ich die Hebelwirkung für die EFSF-Kredite richtig verstehe, bedienen wir uns nun jener Finanzmarktinstrumente, die einen maßgeblichen Anteil an der Finanzkrise haben.
Man nehme Geld, was nicht da ist, (die Kreditsicherungszusagen der europäischen Länder), werfe es auf den Markt, um Gewinne mittels eines weiteren Schuldversprechens als Hebel zu generieren, um Schulden zu besichern, die durch die ungeschützte Verfügbarkeit ungesicherter Schuldverschreibungen entstanden sind. Die reine Form der Geldbewirtschaftung. Geld ist ein Samen, aus dem sich Gewinne in Form von mehr Geld ergeben.

Was stört daran? Der Finanzmarkt funktioniert nicht ohne ein Grundgeschäft und ohne eine Grundsicherung in Form von z.B. Immobilien. Auch wenn der Markt inzwischen entkoppelt ist von dem Wert der Grundgeschäfte oder des Grundkapitals und auch die Gewinne im Finanzmarkt mittlerweile abgekoppelt sind von den Sach-, Marken- oder den Firmenwerten, ohne Grundgeschäft ist alles Nichts. Und es ist auch wahrscheinlich, daß dort draußen irgendein smarter Banker ein Finanzgeschäft entwickelt hat, das tatsächlich keinen Bezug mehr hat zum einem Grundgeschäft – nur das dürfte und darf dann wohl keiner erfahren. So ist das wie mit dem Hütchenspiel.

Unter keinem Hütchen ist immer die Kugel.

Das Spiel funktioniert so: Jeder weiß, daß der Spieler die Kugel unter den Hütchen verschwinden läßt. Aber es finden sich immer welche, die glauben, sie wären schlauer und schneller als der Betrüger.

Die Finanzgeschäfte erwirtschaften Gewinne unabhängig von den zugrundeliegenden Produktions- und Sachwerten, was zur Folge hat, daß Gewinn nicht auf das Grundgeschäft zurückfällt. Und die Arbeit, die in das Grundgeschäft gesteckt wird, korrespondiert nicht mehr mit dem Wert des Unternehmens.

Die Verluste tauchen aber nur im „alten Markt“ auf, im Extremfall, indem die Banken als unverzichtbarer Teil der Bewirtschaftungskreislaufs vom Steuerzahler gestützt werden müssen.

Dieses Mißverhältnis ist ein gesellschaftliches, kein wirtschaftliches Problem. Das Finanzsystem ist keine Naturkunde, sondern durch Personen gebildet.

Wir befinden uns mit unserem Gesellschaftssystem an der Schwelle, an der sich der Sozialismus vor 25 Jahren befand. Wie der Sozialismus sich als Gesellschaftsanschauung verstand, als bloßer Antagonismus zum Kapitalismus, aber reine Wirtschaftsideologie ohne tatsächliche gesellschaftliche Idee war, so wurde der Kapitalismus durch die Hybris der westlichen Welt als teleologischer Endpunkt der Zivilisation in die Gesellschaftstheorie transformiert. (geändert 1.11.2011)

Es wird  nicht mehr lange dauern, daß es vollkommen gleichgültig ist, wie die Lage nun tatsächlich ist oder wie die Sachzusammenhänge waren, spätestens jedenfalls dann, wenn außerhalb der paar autonomen Spinner die Leute beginnen, etwas zu unternehmen – und das wird aller Erfahrung nach nicht schön.

Es gibt immer einen, der glaubt, er kann ihn schlagen (sieht aber nicht dem Mann im Hintergrund)

Die ganze Situation erinnert auch ein wenig an die Jahre vor dem ersten Weltkrieg:

Der krude Nationalismus der europäischen Länder führte geradewegs in den ersten Weltkrieg. Jeder wußte oder hätte wissen können, daß die eigene Haltung der anderen Seite ähnlich ist und unweigerlich auf internationaler Ebene zum Disaster führt, soweit nicht ein Einlenken stattfindet. Dieses Einlenken – ein Akt der schlichten Vernunft und Selbstbeherrschung – konnte oder wollte nicht vermittelt werden. Jeder wollte weitermachen, der eine klug und bedacht, der andere mit dem glühenden, eisernen Schwert geschmiedet in der Esse seiner Selbstgerechtigkeit. Wie damals wird es das nicht geben. Die wirtschaftliche Verflechtung verbietet solchen Eskapismus.
Die internationale Politik und die Finanzwirtschaft behaupten, die offenbaren Paradoxien wären selbsterklärend, jedenfalls dem Verständigen. Sie laufen ebenso auf den unvermeidlichen Kollaps zu, wie man seinerzeit dem ersten Weltkrieg entgegenfieberte, halb ängstlich halb ekstatisch, bis der Dümmste im Kreis endlich die Mobilmachung ausgerufen hat.
Die Übereinstimmung besteht in der damaligen wie heutigen Getriebenheit, der Systemblindheit, dem Vertrauen in unzulängliche Denkmuster und Rationalisierungsstrategien (zur unglaublichen Unkenntnis der Abgeordneten hier lang). Der Wille, den europäischen Raum als Gemeinsamkeit zusammenzuhalten, ist einer der wenigen verbleibenden nachvollziehbaren Gedanken.

Das System der Geldbewirtschaftung ist ein Kernproblem und die fehlende Grundbildung der Politik, weshalb es an einer gesellschaftlichen Idee fehlt. Es fehlt eine Idee der Gesellschaft von sich selbst und ihrer Geschichte, eine Entscheidung, wie es weitergehen sollte, eine Utopie oder nur eine Vorstellung von Leben.

Beltracchi, Lempertz, Kunst kommt von Täuschung

Jung und rein liegt das Leben vor einem. Unverfälscht und unbeschwert. Die Kindheit ist erfüllt von dem direkten Zugang auf die Beseeltheit der Dinge. Vielleicht ist die Seele der Dinge nur das, was sich unmittelbar zwischen zwei Dingen abspielt, ohne die Rationalisierungen, die sich mit der Zeit dazwischenschieben. Das Vorurteilen, der Ruf nach Originalität und Geniekult, Neid, aber auch Skrupel und Scham.  Die (gelungene?) Kopie eines Picasso mit 14 Jahren ist ohne diesen direkten Zugriff auf die Seele eines Bildes vermutlich nicht möglich.

Der Kopf muß frei sein.

Pollaiuolo David Ausschnitt Gemäldegalerie Berlin

Man braucht natürlich auch eine Menge Geschick und handwerkliche Kunst für das Kopieren von Kunstwerken, wie für das Erschaffen von keinen oder nur vorübergehenden Kunstwerken.

Diese Woche und heute, 30. Sept. 2011 berichten alle großen Zeitungen über den Fall Beltracchi, den Fälschungsskandal über die angebliche Sammlung Jägers.
Dabei erklären alle ihre Sympathie mit dem Fälscher und bedingte Sympathie mit der Fälschung.

Der Fälscher Beltracchi hat offenbar mehr als Talent, er ist im Besitz der Kunstfertigkeit, die den Künstler ausmacht. Aber er kann sich nicht auf dem Kunstmarkt durchsetzen, weil dem Kunstmarkt Kunstfertigkeit nichts bedeutet. So fängt es an. Die Versprechungen der Welt an das Kind erweisen sich als Lüge. Damals in den Sechzigern und Siebzigern. Die Reden und Ermunterung, die ausgebreitete Moral, das Bild der lichten Unbeschwertheit, die vor einem liegt, sei man nur frohen Mutes, ehrlich und übe sein Handwerk fleißig aus bis zur Könnerschaft, alles Lüge, das alles stimmt nicht. Gestern nicht und heute nicht weniger.

Was zählt ist nicht der Kopf, der Fleiß und das Können, sondern der Magen, die unteren Innereien. Das Fortkommen auch ohne Talent. Das Fortpflanzen auch ohne Seele.

Die Finger! Da liegt sie, die Gespreiztheit, eine Distanzierung zwischen dem was war und dem was kommt.

Sympathie hat der Fälscher aber eher wegen der Nasführung des Kunstmarktes, der Eulenspiegelei, ein Werk zu schaffen, das nicht da war, aber erwartet wird. Als Kunst? Ja, aber notwendig auch als Anlageobjekt. Es ist vollkommen gleichgültig, zunächst, ob das Werk echt in dem Sinne ist, daß es von dem unterzeichneten Künstler herrührt. Das ist das Wesen der Kunst. Das Werk muß anrühren oder abstoßen, in jedem Fall einen Mehrwert der Wahrnehmung bieten. Das haben wir gelernt und wird auch so manchem Sammler im Hintergrund die Entscheidung für den Kauf bei nicht einwandfreien Papieren erleichtern. Das Werk ist gut und einen Preis wert. Der Sammler ist auch ein Spieler, der  die Kraft und Güte seiner Wahrnehmung auf die Probe stellt. Hält die Einschätzung auch auf Dauer der öffentlichen Wahrnehmung stand? Die öffentliche Wahrnehmung wird nur noch durch den Kunstmarkt bestimmt, von den Schwankungen, die die Willkür der Moden und der Marktmacht starker Akteure und dem fehlenden Selbstbewußtsein vieler kleiner Akteure verursachen.
Der Preisverfall nach dem Entdecken, daß der Ersteller nicht der Ausgestellte ist, nimmt das Feuilleton offenbar, um sich seiner Till-Eulenspiegel-Kindheit zu erinnern. Das liest sich im Kunstmarkt am Wochenende, wenn es um die Erlöse der Versteigerungen geht, ganz anders.

Man freut sich, zu Recht, daß einer den Mut hatte, das Schwert am Haupte anzusetzen.

Der ganze deutsche und wohl auch ausländische Kunstmarkt ist voll von durch die Nazis den rechtmäßigen Eigentümern geraubten Kunstwerken. Dazu gehören natürlich vor allem – im weitesten Sinne – arisierte Kunstwerke. So viel gebildetes Bürgertum, das seine Identitätssuche und die Altersvorsorge gleichermaßen in Immobilien und Mobilien in Form von Kunst oder Kunsthandwerk umsetzte wie zwischen 1880 und 1930 gab es wohl selten. Der Großteil davon waren Juden, was einen Großteil unserer Vorfahren sauer aufgestoßen war. Bildung und Kunstsinn, auch das sind Legenden der beseelten Kindheit, immer noch (s. das neue Buch von Götz Aly).

Ohne die Massen an wie auch immer offenkundig arisierten oder unter der Hand verschobenen Kunstwerken, die in der Zeit von 1933 bis 1945 „freigesetzt“ wurden, hätte sich niemals ein solcher ausnehmend unseriöser Kunstmarkt entwickeln können, der, was die Provenienzforschung angeht, immer den Verdacht hegt und hegen muß, daß die Unrechtmäßigkeit der früheren Entziehung des Eigentums auffliegt und Probleme bereitet. Von Lempertz ist bekannt, daß solche Anfragen wegen der Provenienz zögerlich bis gar nicht beantwortet werden. Es gibt wohl keinen Kunsthandel mit Tradition, der das Thema Provenienz anders hält. Begründet wird das, fadenscheinig, mit den Interessen der Eigentümer auf Anonymität. Freilich mag es da ein steuerliches Interesse geben, aber noch vielmehr einen Kodex unter Hehlern.

Der Kunstmarkt ist von daher in seiner Anfängen und Ursprüngen vollkommen korrupt, unehrlich und unseriös. Geeigneter Boden für eine Doppelmoral. Dem Sachverständigen ist es daher auch vollkommen selbstverständlich, daß die Familien, die Kunst auf den Markt werfen, über die Herkunft keine Aussagen machen.

Die Lebensdaten des Sammlers Jäger erzählen bereits eine eigene Geschichte, welche Art von Kunst auf welchem Markt gekauft wurde. Die Werke, um die es sich handelt stellen einen Querschnitt der unter kunstsinnigen Bürgern beliebten, wie unter Nazis verfemten und geächteten Stile dar. Es wäre ja eine Illusion zu glauben, daß sich hier ein autonomer Kunstverstand Hitlers oder der Nazis ausgebildet hätte. Deren Idee lebt doch immer nur von der Negation, der Antimoderne, anti-westlich, anti-kapitalistisch, anti-jüdisch.

Der Kunstmarkt fragt da bei diesen Voraussetzungen nicht nach Provenienz. Er kennt sie doch zur Genüge.

Das Feuilleton hat sich auch eine ganze Weile nicht mit Ruhm becklekert, wenn es um den Ursprung dessen geht, was diesen prominenten und andere Fälle ungeklärter Provenienz angeht Es schimmerte da häufig eine Ansicht auf, daß auch solche Zustände nun nicht mehr Anlaß für große Aufregung geben sollten und empörenswert doch der Versuch wäre, nicht durch Arbeit sondern durch Geburt (Erbschaft) oder Stand (Anwalt) Geld zu machen. Unsittlich wäre es vielmehr, den Museen die hohe (arisierte) Kunst zu nehmen und dem Volke das Vergnügen der Betrachtung. Die Stimmung hat sich zugegeben in den beiden großen Zeitungen geändert, es liegt aber noch viel im Argen.

Leider kommen auch die Museen nicht zu der gebotenen Offenheit im Umgang mit ihren Erwerbungen von 1933-1945.

Jailbreak F-16 – Jailbreak System Naher Osten

Nach türksichen, iranischen und israelischen Medienberichten hat das türkische Militär die Angriffsoftware der F16 geknackt, so daß jetzt auch israelische Ziele beschossen werden können. Zuvor war die Bordsoftware Herstellerseits (das Pentagon) so eingerichtet, daß israelische Ziele als Verbündeter erkannt wurden und nicht attackiert werden konnten. (Skepsis ist angebracht, weshalb es dann so viel friendly Fire gab. Das ist vermutlich ein anderes Problem.)
Wenn es denn stimmen sollte, ist das ein Schritt Eskalation: Link

So eine Bordsoftware läßt sich eher nicht über Nacht umstellen. Dann ist es auch unwahrscheinlich, daß das Verhältnis zwischen Türkei und Israel wegen jäher Wallungen zweier vernagelter Sturköpfe zerbrochen ist (die sie offensichtlich sind).
Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Strudel der durch die Arabellion, das Erwachen der jungen, das Aufbäumen der alten Kräfte Israel mit sich reißt. Möglich, daß Israel als Feindbild der einzig gemeinsame Nenner der maroden Gesellschaften dort ist. Aber wissen wir es? Und wollen wir es wissen?
Die neuerliche Diskussion um die Vorhersehbarkeit und die Erkennbarkeit des deutschen Antisemitismus (Patrick Bahners über Götz Aly in der FAZ) und die Gründe für die Eskalation sollten nur einen Sinn machen, wenn wir die Gegenwart aufmerksam beobachten und Erkenntnisse umsetzen.

Die Entwicklung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik ist eins der wichtigsten Forschungsfelder. Aber für die Gegenwart geht es nicht darum, sich zu streiten, an welchem Stück des Weges der Abzweig zum Sonderweg lag. Es reicht erstmal möglichst genau zu wissen, daß der Zug irgendwann in eine falsche Richtung fuhr, eine aussichtlose desolate gesellschaftliche Topologie ansteuerte und kaum ein Deutscher ausgestiegen ist.
Sicher sollte man unbeachtet wie sehr sich irgendwer im Recht fühlt, dafür sorgen, daß jeder einzelne aus dem Zug aussteigen kann. Ganz gleich wieviel Ehre, Stolz, Geld oder Ansehen diese Hilfe kostet.

Auch auf den Landkarten des Nahen Ostens, in den Köpfen zwischen Ankara und Teheran bis in den Magrheb hinein, so ist zu befürchten, ist Israel bereits jetzt eine Wüstenei, eine Schmach des Resentiments, der Rückständigkeit, des eigenen Versagens und Verharrens.

An diesen Punkt der deutschen Geschichte zu rühren, an das Versagen einer Gesellschaft vor den eigenen Ressentiments und der eigenen Rückständigkeit, ist, soweit ich bisher sehe, ein Ergebnis von Götz Alys neuem Buch „Warum die Deutschen …“. Ähnlich war es auch mit der Arbeit Volksstaat, die damals regelrecht zerrechnet wurde. Hinter einem Streit aus Steuersätzen und Auslandsschulden verging – sehr zum Wohl des deutschen Feuilletons – der Kern des Buchs, die Gefälligkeitsdiktatur, in der die Deutschen sich ohne jede Empathie bereichert haben an der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und sich hieraus die Zustimmung noch der letzten Scheußlichkeit ergab. Wer sich einmal eine Weile mit derlei Akten, zum Beispiel der Oberfinanzpräsidenten, beschäftigt hat, kann die Diskussionen um den Grad der Kenntnis als Mitwisserschaft der Deutschen an der Verwertung menschlichen Lebens nur noch mit Abscheu und Schaudern zur Kenntnis nehmen: Wer keine Kenntnis hatte lebte nicht oder wollte kein Bewußtsein dazu bilden (Wer jetzt noch bestreitet, ist böswillig.) Das Bewußtsein von Gesellschaften über gesellschaftliches Handeln und die Kenntnis von Verantwortungszusammenhängen unterliegt einem historischen Entwicklungsprozeß.

Die Bewußtheit solcher Kenntnisse zu fördern ist notwendig, besonders im Nahen Osten. Es soll nur  später keiner kommen und sich darauf berufen können, daß man das so ja nicht wollte und nicht wusste.

True Religion

Mama,

die Leute mit dem weißen Porsche Cayenne sind da.

Modemesse Berlin öffnet

True Religion!

Steck Sie zu den Anderen, die mit den Mercedes in Carbon-Optik gekommen sind.

Es ist Modemesse in Berlin, Bread and Butter.

Brot und Butter gibt es auch sonst – nicht überall. Und Religion auch.

Selbstbehauptung und Selbstbeschreibung manifestieren sich dort, wo die Gesellschaft wackelt, mit nachlassender Gewissheit, mit nachlassendem Inhalt, mit nachlassender Achtung. Woran es liegt, wenn es an Selbstverständnis und Selbstachtung fehlt spielt keine Rolle. Die weißen Porsche Cayenne da mit erstaunlich greuslicher Casual-Mode, bitchy, ostentativ vergänglich, bewußt Applikation zum Sein. Die Hemden hängen raus, Jacket knittert drüber weg, sauteure Saisonstiefel aus dem Weiher geangelt. Alles schick und irre und so spannend. Da kommt nicht mehr viel.

Applikationen gibt es auch anderswo. Religion ist auch da ein Erklärungsmodell.

True Religion?

True Religion?

Ich habe nichst dagegen, wenn es wackelt, wenn die Gesellschaft in Bewegung bleibt. Das ist Bedingung ihrer Stabilität.

ukbf 16-12-04.5

Nach Wiegand wurde rasselnd Hr. Unger hereingeschoben, frohgemut von der Schwester bescherzt, derb.

Dieser Mann war ein Zustand, stehend, sitzend, liegend schien keinerlei bewußte Aktivität von ihm auszugehen. Er saß mir gegenüber auf dem Bettrand und rieb sich wieder und wieder die trockenen Hände, zur Abwechslung, wie es schien, weil ihm offensichtlich nichts anderes einfiel. Ungerührt, stumpfinsinnig starrte er mich an und beobachtete mich minutenlang wie nichts, nur ahnend, das da etwas ihm gegenüber saß und dachte, oder las, wie ein Schimmer in der Abenddämmerung, dem man nicht ganz traut, ohne die geringste Ahnung, um was es sich dabei handelte. Dabei hin und wieder schmatzend, sich die Lippen leckend und stöhnend, weil er immer wieder kurz den Atem anhielt, wie um zu sehen was passierte und dann in Not geriet, die sich in einem kurzen Seufzer mitteilte, das einzig kommunikative an dem Verhalten.

Ich packte meine Sachen und setzte mich weg, an den Tisch, um dort die viel zu kleine Fläche zur Arbeit zu nutzen und dem Spektakel, der eigenen Spektakulisierung zu entgehen. Sofort kippte der Körper Ungers ganz gemächlich auf die Seite, die Füße nachholend, hochziehend, langsam unter die Bettdecke verstauend richtete sich der Blick auf die Erwartung jenseits der Zimmerdecke.