Liebe, mein Liebes, ist ein Erklärungsprinzip. (frei nach Bateson)
„Wir alle müssen für Sex bezahlen, aber nicht mit Geld. Frauen handeln Sex gegen Wohlstand, Wohlbefinden oder Sicherheit. Die Prostitution bedroht diese gesellschaftliche Konzeption.“ (Laurie Penny in: http://taz.de/Laurie-Penny-ueber-Feminismus/!151675/)
Das ist natürlich richtig, weil es ausreiched unklar bleibt für Interpretationsspielraum und weil immer irgendwie stimmt, wenn eine Definition halbwegs plausibel ist und von hinreichend vielen geeigneten Vertretern geteilt wird. Es ist zugleich falsch – wie alle Theorien -, weil es die gesellschaftlich Wirklichkeit der Handlungsfreiheit und die gelebte Wirklichkeit ausblendet. Menschen wollen in der Regel das, was Sie tun aus bestimmten Gründen. Weil Ihnen andere Alternativen mehr lästig sind oder etwas wirklich begehrenswert ist, weil es die Mutter sagt oder eine schlichtes Geben und Nehmen in einer spzialen Beziehung akzeptiert wird. Spielt keine Rolle. Die Diffamierung einer anderen Lebensweise als grundsätzlich fremdgesteuert, zwangsgesteuert, neurotisch oder dergleichen mehr bedarf etwas mehr Überzeugungsarbeit als den Rückgriff auf ein Interpretationsmodell, das nur nach den direkten Machtbeziehungen fragt – und dann natärlich immer eine findet, aus der sich der Vorwurf der Ungleichheit saugen läßt – So ist die Ungleichheit immer der Feind der Freiheit.
Im Feminismus spiegelt sich in der Beziehung zwischen Mann und Frau die gesellschaftlichen Verhältnisse der Machtbeziehungen wieder, weshalb die Institution Familie und Beziehung abzuschaffen sind. Das ist ja auch wieder irgendwie immer richtig. Das führt dazu, dass das Geben und Nehmen in einer sozialen Beziehung als herrschaftsbildend abgelehnt wird. Reproduktion von Machtbeziehungen und wirtschaftlicher Stellung. Man nennt das ja gegenwärtig unterkomplex, wenn etwas zu sehr vereinfacht und reduziert wird auf schlichte Wahrheiten. Gesellschaftliche Verhältnisse schlicht nach Machtverhältnissen zu analysieren, muss sich altbackene Soziologie und selbstgefällig kämpferische Attitüde vorwerfen lassen. Oder aber, dass man eben keine Lust auf Bettenmachen und Abwasch, Einkaufszettel und Samstagmorgenplanung hat.
Geben und Nehmen als reziproke Sozialtechnik ist weit mehr als die Rekonstruktion von Machtbeziehungen und läßt diese auch nicht unbedingt erkennen. Vielmehr kann man da auch lernen, wie ein Leben nicht nur nach Machtbegriffen zu sortieren ist. Intimität und Sexualtität hat immer auch andere höchst individuelle Beweggründe, die nicht nach gängigen Erklärungsmodelle sortiert werden können. Es gibt immer eine zweite oder dritte Ebene, a story behind the story.
Es ist kein Wunder, dass diese RIchtung des Feminismus nicht nur die gesellschaftliche Beziehung von Mann und Frau abschaffen will, sondern als Hauptthema die Abschaffung der Sexarbeit auf seine (ihre) Fahne schreibt. Sex, weit gefasst als körperliche, geschlechtliche Beziehung zwischen Menschen wirkt viel und auf vielen Ebenen. Es spiegelt die gesellschaftlichen Verhältnisse, die Beziehung, den psychischen und physischen Zustand der Beteiligten. Die Sexarbeit spiegelt und desavouirt dabei herrschende gesellschaftlichen Verhältnisses und bricht diese auf. Die gesellschaftlichen Verhältnisse bestehen aber nicht nur aus der vertikalen Hierarchie und dem Markt u.s.w., sondern vor allem auch aus den Binnenbeziehungen der Menschen. Nicht zuletzt hat jede Gesellschaft ein anderes Verhältnis zu Intimität und Öffentlichkeit. Ein komplexes Spiel in einem komplizierten (moralisch-ethischen) Normengeflecht; ein komplexes Geflecht, die für Leibespaare meist auch „Arbeit“ bedeutet im Sinne eines gegenseitigen Kümmerns und Sorgens, der Reflexion, von Geben und Nehmen.
Mit der „feministischen“ Reduzierung der Sexualtität auf Machtpositionen fällt jede andere Legitimation der sozialen Beziehung weg. Das ist ärgerlich, eine herablassende und unterfordernde Postition, die aggressiv eine Deutungshoheit nicht aufgrund von Argumentation, sondern mit Verweis auf frühere Mißstände verlangt. Auch weist die Sexarbeit den Schlüssel zu den Denkfehlern. Für diesen Feminismus gibt es keine Handlungsfreiheit, sondern nur Machtverhältnisse. Und das geht einher mit einer eingeschränkten Vorstellung über die sozialen Beziehungen, die sich fast auschließlich an gängigen und überkommenen Arbeitsmodellen orientiert. Quote und Karriere. (Sie nennen es Arbeit, für andere ist es Sklaverei.) Aus diesen Gründen muss das Kapitel Sexarbeit für den Schwarzerschen Feminismus geschlossen werden. Auch wenn Prostitution in der gesellschaftlichen Realität weit überwiegend Sklaverei sein dürfte, der Kern der Prostitution basiert auf der Handlungsfreiheit, die dem Anspruch auf politisch-moralische Deutungshoheit der römisch-katholischen Kirche des Feminismus zuwiderläuft. Und, weil die Prostitution Arbeit ist, die das Klischee der freien Arbeit auf dem freien Arbeitsmarkt unterläuft.
Und so werden diese Aktionen gegen die Prostitution in Erinnerung bleiben als Kampfansage zur Festigung eines Herrschaftsanspruchs über die Ausgestaltung von Definitionen und Diskursen und damit von Fördergeldern und Positionen auf den Rücken derer, die man vorgeblich retten will, der SexarbeiterInnen und SexsklavInnen.
Gedanken zur Notzucht waren hier schon mal angesprochen.


