Während ich am Herd stand ging mir die Besprechung von Christopher Clarks Die Schlafwandler durch den Kopf und eine erregte Diskussion mit zwei Männern über, glaublich, die Schlacht von Skagerakk und eine andere militärische Aktion der Seestreitkräfte, wochenlang einen sinnlosen Kampf aushaltend im Winter auf dem Meer unter herben Verlusten sich oder vielmehr was übrig blieb von der eigenen Vorstellung von sich bewahrend und zu behaupten, es wäre dem Reich zugute und nicht der eigenen Starrköpfigkeit. Clark bestätigt jetzt nochmals die Abkehr von der Kriegsschuldhypothese Fischers – Schuld war ein Bündel an unmöglichen, exzentrischen Entscheidungen von Männern, die allesamt nur mit den schlechtesten Charakterzügen ausgestattet waren. Mit Ihrem Hochmut und Überheblichkeit, krankhaftem Ehrgeiz, Selbstgerechtigkeit und Unbelehrbarkeit standen sie alle an der Spitze ihrer Gesellschaft, England, Russland, Frankreich, Deutschland, Balkan. Ich dachte bei mir, es gehört noch etwas weiteres dazu, eine Selbstbezogenheit und Lust an Gewalt und Adrenalin, die sich aus dem Kampf um die gesellschaftliche Position bildet. Männer, deren Selbstwert sich nicht mehr aus der Anerkennung der Umgebung speist, sondern aus dem Einfordern von Loyalität. So wird erkennt man im Spiegel ein Tableau von Ansprüchen, derer man sich für wert hält und die zu versagen bereits ein Angriff ist auf die eigene Person.
Die Schlacht von Skagerakk war ebenso eine sinnlose militärische Leistung derer man sich für würdig befunden hat. Kriegsunbedeutend soweit es sich bei einer solchen Materialschlacht sagen läßt, jedenfalls ohne kriegsentscheidende Bedeutung streiten sich die Männer um den Heroismus und die Moral der Soldaten ohne nur im geringsten die Tatsache anzuerkennen, daß an meßbarem Ergebnis nur sinnlose Tote und ein wirtschaftliches Desaster standen. Verantwortungsloses Pack rational betrachtet, allesamt. Heute. Streiten sich Männer, greifen einen an, angespornt womöglich, wenn man die Sinnlosigkeit militärischer Aktionen beurteilt, dachte ich so, während Agathe im Vorbeigehen meinte, daß doch Erbsen und Rotkohl so gut passen würden. Gräuslich einfallend. Weshalb lädt man denn wohl zum Essen ein? Kein Rotkohl, auf keinen Fall und Dosenerbsen. Dosenerbsen mit Karöttchen. Ein Relikt aus der Kindheit, das sich vollkommen unerklärlich noch halten kann auf dem Speiseplan und, so dachte ich im Dunst meiner skagerakkinischen Zwiebelsoße, zweifellos nur bewahrt aufgrund der Nachläßigkeit von Frauen gegenüber den Sünden der Vergangenheit. Geschuldet vermutlich dem Zwang, die Familie zusammenzuhalten, generationenübergreifend, und damit dem Zwang an allzuviel Kritik zu sparen ebenso wie an der Ausbildung nachkindlicher Geschmacksnerven. Oder vielmehr die Kindlichkeit intensiver zu erinnern und weiterzugeben über Dosenerbsen und Spinat mit Kartoffelstampf und Ei, während die Männer sich einigen auf die Herrlichkeit nicht aufzugeben und blind zu sein gegenüber der Sinnlosigkeit der eigenen Taten, gemessen am eigenen Wertekanon, teilhabend von Ferne am Rausch der Gewalt, der Einsamkeit alternativloser Entscheidungen, dem Exzeß des Handelns geboren aus der Unfähigkeit, die eigenen Paradoxien zu bewältigen, meine ich noch bei mir während des Kartoffelschälens.