Stellen Sie sich vor, Ihr 17-jähriger Halbwüchsiger sitzt am Frühstückstisch vor Ihnen und Sie repetieren für sich aus der Zeitung halblaut folgende Allgemeinplätze.
Sushi hat sich zu einem wesentlichen Faktor bei der Überfischung der Meere entwickelt. Das Prinzip Discounter ruiniert das Modell soziale Marktwirtschaft und die Idee, daß man sich mit Arbeit auch ernähren kann. Clubjetten nach Berlin und Barcelona, die Urlaubsreisenmanie jeden Sommer mit dem Flieger um die Welt ruiniert die Umwelt.
Plastikmüll, Fleischverzehr, Saatpatente, Individualverkehr, Es kann den ganzen morgen so weitergehen.
Die Antwort wird sein: Du kannst einem aber auch jeden Spaß verderben.
Unsere Lebenswelt ist komplex verwoben mit der Vernichtung von Umweltresourcen und Ausbeutung von Arbeitern und all diesen Dingen und zugleich ist es Standard, Lebenswirklichkeit für junge Menschen, Jugendliche, davon auszugehen, daß man ein Recht hat, an all den Versprechungen der Medienwelt, die als reele Verteilungsmasse vorgeführt wird, teilhaben zu können.
Eine zentrale Entwicklung dieser Lebenswirklichkeit, die Veränderung der Vergesellschaftung, der gesellschaftlichen Bindungen ist der gegenwärtige Strukturwandel der Kommunikation. Insofern ist es wahrscheinlich, daß wir in einer Zeitenwende stecken.
Die Geschichte mit der Schufa und Facebook ist dafür nur ein Beispiel und ich meine, nicht einmal ein Entscheidendes, es macht eben nur viel Wind. Es ist das Geschäftsmodell dieses Ladens und der anderen Web Zweinuller, die (Daten der) Nutzer zu verkaufen. Der Protest nun gegen dieses Projekt ist zynisch, weil das System als liberal und wirtschaftsfördernd angesehen wird. (Das System, die Verwertung des Datensammelns ist nicht wirtschaftsliberal, weil es zwangsläufig auf Monopolstrukturen hinausläuft und damit den „Markt“ zersört.)
Es ist nicht eine komische Abartigkeit der Schufa, die gesammelten Daten zu verbinden und daraus Profile und Verarmungswahrscheinlichkeiten zu berechnen. Es braucht nur wenig Erfahrung und keinen Algorithmus: je mehr persönliche Daten eingestellt werden, je mehr „2.0“, umso höher die Wahrscheinlichkeit auf Überschuldung, eidesstattliche Versicherung und Insolvenzantrag. So geht es bei uns: Bei Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz sehen wir erstmal nach, ob und wieviel der- / diejenige von sich im Internet preisgibt, nicht um dort etwas über den Charakter zu lernen, sondern um etwas über die Seriosität zu erfahren: Je weniger, umso besser, ernsthafter, bewußter, klarer. Je mehr, umso schlechter in Deutsch und Mathe und allgemein im Capé.
Es ist aber vor allem das Geschäftsmodell des Hasso-Plattner(-Instituts), diese Dienste anzubieten. Das Foschungsdesign wird schon von denen gekommen sein, wie auch die Forcierung der anderen ähnlichen Strukturen aus dieser Ecke kommt: Die Gesundheitskarte, die RFID-Technologie. Dabei ist die Technik vollkommen unerheblich und wandelbar, wer weiß schon, was der RFID-Chip von morgen ist, die Möglichkeit, Hirnströme von Ferne zu scannen, jedfs. soweit, um eine individuelle Kennung zu erreichen?
Es läßt sich hinter den Projekten ein Wille zur Veränderung der Kommunikations- und Beziehungsstrukturen auf formaler Ebene erkennen, die die Masse Mensch als Untersuchungsobjekt ansieht. Das Forschungsdesign zeichnet dabei Schwarmbewegungen ab, d.h. klassische Massenentscheidungen. Da sollte man eher Canetti zu Rate ziehen, als das Ichdenkmal von Irgendwasmitmedien.
Individualitäten sind Aberationen, die den Algoritmus stören.
Wem das zu verschörungstheoretisch klingt, dem geht es nicht anders als mir. Man hört zwar immer wieder von diesen Sachen, hat aber nicht genug Ehrgeiz, Zeit oder Genuß das systematisch aufzuarbeiten und sich damit all den Dreck anzusammeln. Wir sollten uns aber auch nichts vormachen: Es liegen bereits genug Technologien und Anwendungen vor, die anders keinen Sinn machten. Etwa die Mautüberwachung der Autobahnen: Die Technologie ist vollkommen oversized und macht langfristig nur Sinn, wenn alle Verkehrsteilnehmer erfasst und irgendwie verwertet werden, gleich wie, ob in der Rasterfahndung oder der individuell abgestimmten Rasterwerbung. Oder Neuromarketing …
Die Geschichte mit dem Hasso-Plattner-Institut zeigt: Die vielgeforderte Ethik in den Wissenschaften ist Makulatur oder hinkt der Realität hinterher. Die Wissenschaft macht alles. Das ist nicht unbedingt negativ gemeint, sondern dürfte der Quell der menschlichen Entwicklung sein. Und darin liegt dann auch das Mittel. Spaßverderber sein, kann auch Spaß machen und bereiten.
Die Welt wird alles, was der Fall sein kann.
Edit: Ich gebe zu und hadere: Das ist ein langweiliger, unbefriedigender Text, ja, nebulös ein wenig und negativ. Ich habe leider nicht die Zeit, die Sache mehr auf den Punkt zu bringen und. Nur notwendig wird die Befassung mit dem Thema zweifelos bleiben.


