Eisblumen

In meiner Kindheit kündigten die Eisblumen im November und Dezember die Ankunft des Winters an. Vorher war der Herbst die Verlängerung des Spätsommer, gleich wie lang oder kalt. Mitte Oktober hatte es oft schon den ersten Schnee. Zur Kirchweih, der Zeit der ersten jugendlichen Überschläge, fiel es oft passend zusammen, das erhitzte Gemüt an den vereisten Scheiben zu kühlen oder auf den Treppen am Kleinstadtdenkmal.
Die Eisblumen zeigten eine Umstellung des Lebens an, die Heizung wurde umgestellt, die warme Kleidung rutschte nach vorne, die Tage wurden kürzer und wenn sich das Licht der klaren Wintersonne morgens in den Eisblumen brach, war das kindliche Herz berührt. Eisblumen waren Poesie.
Jetzt sind Eisblumen ein Mangel, ein Indiz für eine erhebliche Einschränkung des Wohnwerts.

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