Werkzeug und Gadget

Eine Tochter sitzt neben da und untersucht eine Maus mit Bluetooth-Stick zur drahtlosen Verbindung mit dem Computer, den sie aus einem der unsäglichen Schübe mit Technikschrott zieht.
Sie nimmt den Stick und drückt darauf herum. Soweit hat sie  bereits gelernt, dass die meisten unserer Teile irgendwie bedient werden und dann irgendwas geschieht.

Affen nehmen sich Stöckchen, um Ameisen aus einem Loch zu fischen. Die Affen sehen die Ameisen, kommen aber aus irgendeinem Grund nicht heran, irgendetwas ist davor, so dass sie mit ihren Händen nicht herankommen. Sie versuchen verschiedene Dinge aus, stochern und drücken herum, um endlich einen Weg zu finden mittels eines Werkzeugs das zu erreichen, was ihnen mithilfe ihrer Gliedmaßen nicht gelingt. Das Werkzeug ist der verlängerte Gedanke zur Erreichung eines Ziels, es ist die Übersetzung eines Plans, der vor dem Werkzeug ist.
Irgendwann kommt das kleine Äffchen und sieht Onkel Lucius am Stochern, macht es nach und wendet die Technik auf andere Problemstellungen an.

Eine Tochter sitzt da  und drückt auf dem Bluetooth-Stick, der eine Maus mit dem Laptop drahtlos verknüpfen soll. Sie versteckt die Fernbedienung im Geschirrschrank.
Sie kennt keinen Fernseher, aber natürlich Computer und Smartphone, auch wenn Sie damit nicht spielen darf. Aber sie ist umgeben von Geräten, die weit mehr sind als Werkzeug zur Erreichung eines Zwecks. Technik, die ihre eigene Zwecke schafft und ihre eigen Funktionalität entwickelt, die es ohne diese Technik nicht gegeben hätte.

Das Lernen unserer Kinder ist nicht ganz, aber – je nachdem – zu einem wesentlichen Teil davon bestimmt herauszufinden, was für eine Idee, was für eine Welt und eigener Bedarf hinter einer Technik steckt, anstatt zu lernen, dass man für die Umsetzung einer Idee Werkzeuge und Techniken entwickelt. Das ist der Unterschied zwischen Konsum und Kreativität. Werkzeug und Gadget. Natürlich war Kreativität auch bisher nicht jedem gegeben. Aber wer will noch erzählen, dass Spielekonsolen und Kinderfernsehen die Phantasie befeuern.
Hinter jedem Werkzeug steht eine Idee, die ich durchsetzen kann, hinter jedem Gadget steht eine Welt, in die ich eintauchen kann.

Wer das banal findet soll sich mal umsehen auf Spielplätzen, wenn dort nicht nur junge Mütter sitzen, unablässig auf ihren Smartphones dingeln, wie auf den Bus wartend nebeneinander, manchmal miteinander und keinen Sinn haben für die Kinder, die hin und wieder ankommen und dann ein Spiel oder ein Filmchen gezeigt bekommen – nicht nur junge Mütter, sondern auch Kinder, die offenbar mehr erwarten von den Gadgets, die sie umgeben, als sich Ideen erfüllen, mit den Werkzeugen. Dreijährige mit Spielekonsolen, Kinderfernsehen im Auto.
Wenn das Gefühl, ein Vater zu sein sich nach den Filmen auf dem Handy bemißt und nicht nach dem Band, das sich durch ein gemeinsames Spiel ergibt.

Eltern, die nicht mehr in der Lage sind, herkömmliche Lehrberufe zu meistern, weil die Schulbildung vor diesem Hintergrund nicht mehr ausreichend Schreiben, Lesen und (Grund-)Rechnen vermittelt.

Jetzt geht sie wieder Holzperlen auffädeln.

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